Andererseits - Friedlich sterben
Andererseits - Friedlich sterben
Kati Szilagyi
Friedlich sterben
Stefanie Schardien, Pfarrerin in Fürth und "Wort zum Sonntag"-Sprecherin, beantwortet für chrismon jeden Monat kniffelige Lebensfragen.
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23.02.2022

Annette D. aus Kassel fragt:

Meine Mutter wollte nie hilflos sein. So ist es aber leider gekommen. Sie ist schwer dement und pflege­bedürftig, erkennt niemanden mehr. Sie kann kaum noch sprechen und nicht mehr aufstehen. Ich tue mich schwer, den Gedanken auch nur zu denken, aber: Darf ich ihr wünschen, endlich friedlich zu sterben?


Stefanie Schardien antwortet:

Gibt es einen Wunsch, den ausnahmslos jeder einzelne Mensch auf Erden hat? Wohl den: friedlich sterben zu wollen. Darum ist es doch nur verständlich, dass Sie das auch Ihrer Mutter wünschen. Wahrscheinlich zweifeln Sie aber, ob Sie nicht damit umgekehrt Ihrer Mutter den Tod wünschen und lieber um so viel Lebenszeit wie irgend möglich bitten müssten. Das wäre natürlich ziemlich naiv. Denn gerade weil Sie Ihre Mutter lieben, legen Sie nun auch das schmerzhaft wahrgenommene Leiden in die Waagschale, das für Sie den ­früher geäußerten Wünschen ­Ihrer Mutter widerspricht.

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Stefanie Schardien

Stefanie Schardien wurde 1976 in Dortmund geboren und wuchs in der Herzlichkeit des Ruhrgebiets auf. Studium und Beruf führten sie an mehrere Orte: nach Heidelberg, Toronto und Bochum, zum Vikariat nach Hattingen/Ruhr, mit einer Juniorprofessur für Systematische Theologie an die Universität Hildesheim und als Kindergottesdienstpfarrerin nach Nürnberg Als Pfarrerin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern arbeitet sie seit 2016 im Team der Kirchengemeinde St. Michael in der Fürther Altstadt. Für Stefanie Schardien verbinden sich an diesem Ort die besten Eigenschaften von "Citykirche und Dorfgemeinde": "Die Gemeinde hat einen fröhlichen weiten Geist, der viel Kreativität ermöglicht; und gleichzeitig kennt man sich und kümmert sich umeinander." Den Sinn ihrer Arbeit sieht sie darin, gemeinsam den religiösen Fragen nachzugehen und die Antwortversuche des Glaubens zu übersetzen. Und dabei immer wieder auch von der christlichen Freiheit zu erzählen. "Denn die kann es mit all der Angst aufnehmen, die im Moment geschürt wird." Schardien ist überzeugt, dass viele Menschen großes Interesse an Themen haben, mit denen sich Theologie und Kirche beschäftigen. Darum verlässt sie auch gern einmal die Kirchenmauern: Seit langem ist sie für das Radio tätig, aktuell mit Evangelischen Morgenfeiern auf BR 1, und engagiert sich als Präsidiumsmitglied beim Deutschen Evangelischen Kirchentag.

Was können Sie tun? Wichtig ist zuerst ein Gegencheck: Welchen Eindruck vermittelt Ihre Mutter selbst im Moment? Ist sie, auch gegen alle Erwartungen an die Lebensqualität, vielleicht ganz ruhig? Wir wissen letztlich nicht genau, was eine Demenzkranke erlebt. Das kann auch Sie vielleicht etwas beruhigter diese letzte Phase begleiten lassen. Erscheint sie dagegen angespannt oder belastet, dann sprechen Sie mit Ärzten, ob etwaige Schmerzen gelindert werden könnten. Was sonst? Zeigen Sie Ihrer Mutter Ihre Liebe, zum Beispiel durch Berührungen. Er­zählen Sie ihr und, wenn Sie ­mögen, auch Gott von Ihrer Bitte um ein friedliches Sterben und von Ihrer Bereitschaft, sie in ­Frieden gehen zu lassen.
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