Die Lehrerin meines ältesten Sohnes hatte gestern eine schöne Idee: Sie verlegte die Englischstunde auf den Schulhof. Es muss ihn gefreut haben, auf dem Nachhauseweg berichtete er davon im Familienchat. Ich war mir sicher, dass die Schülerinnen und Schüler der Klasse 5f dem Unterricht auf dem Schulhof endlich einmal ohne Maske hätten folgen können. Bevor mir der Elfjährige davon zu Hause erzählen konnte, kam ich auf meinem Heimweg an einem Transporter vorbei, in dem drei Handwerker saßen, dicht an dicht – ohne Maske. Kurz darauf erfuhr ich: Mein Sohn hatte 90 Minuten lang mit Maske auf dem Schulhof gesessen. Wer, bitte, soll das noch verstehen?
Nils Husmann
Kein Vorwurf an die Schule und die Lehrerin, die nur umsetzt, was vielerorts noch Pflicht ist. Aber es ist höchste Zeit, die Maskenpflicht für Kinder differenzierter zu gestalten. Im Laufe der Woche wird es heiß, sehr heiß, deutschlandweit. Zu meiner Schulzeit hätten wir eine realistische Aussicht auf Hitzefrei gehabt. Die Kinder von heute haben nun in vielen Bundesländern die Aussicht, bei teilweise deutlich mehr als 30 Grad im Schatten über Stunden eine Maske zu tragen.
Masken sind ein sehr wirkungsvolles Werkzeug, um Infektionen zu verhindern
Ja, es stimmt, die Maske ist ein sehr wirkungsvolles Werkzeug, um Infektionen zu verhindern. Es spricht nichts dagegen und alles dafür, dass wir sie weiterhin tragen, wenn wir einkaufen. Oder wenn wir im Restaurant vom Tisch aufstehen. Oder wenn wir mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind. Aber die meisten Erwachsenen tragen die Maske eher kurz – Kinder dagegen den halben Tag lang. Wenigstens für die Grundschulkinder sollte nun gelten: Die Maske darf zu Hause bleiben! Es gibt Erstklässler, die ihre Klassenkameraden kaum einmal ohne gesehen haben – und bald sind Sommerferien. Absurd!
Ein Freifahrtsschein ist das nicht. Die Inzidenzen sind zwar erfreulich niedrig, das Virus aber ist nicht verschwunden. Man kann eine Maskenpflicht an niedrige Inzidenzen koppeln. Erst recht mit Blick auf die Delta-Variante, die als ansteckender gilt. Kinder verstehen und akzeptieren das, wenn man es ihnen vernünftig erklärt. Und bitte nicht vergessen: Sie werden – anders als viele Berufstätige! – mehrmals in der Woche schnell getestet. Es wäre mitnichten so, dass in den Schulen der Leichtsinn regiert, wenn man die Maskenpflicht lockert.
Die Kinder haben es wirklich verdient, dass wir ihnen in dieser Situation das Leben leichter machen. Ein Restrisiko bleibt in einer Pandemie immer. Das gehört zum Leben.