Es begann im Sommer 2015. Wir waren weit weg von den dramatischen Ereignissen an Europas Grenzen. Aber wir wollten etwas tun. Das kanadische Immigrationssystem erlaubt es, Patenschaften für syrische Flüchtlingsfamilien zu übernehmen. Man verpflichtet sich, diese für zwölf Monate finanziell und anderweitig zu unterstützen: bei Behördengängen, bei der Wohnungs- und Arbeitssuche oder im Krankheitsfall. Wir sammelten Spenden, um einer vierköpfigen Familie helfen zu können. Anfang 2016 lernten wir eine kleine armenisch-orthodoxe Gemeinde in der Nachbarstadt kennen, die innerhalb von wenigen Monaten über 80 Patenschaften übernommen hatte. Bald waren auch wir Paten einer armenisch-orthodoxen Familie aus Aleppo. Der Großvater hatte seine Schmiede an den IS verloren, der Vater arbeitete als Richter. Mit Hilfe unserer Patenschaft konnten sie in den Libanon fliehen. In Kanada sind sie noch nicht angekommen.
Offiziell galten bislang zwölf Monate als Bearbeitungszeit, diese wurde kürzlich auf 18 Monate angehoben, die Familie wartet jetzt schon zwei Jahre. Das liegt nicht allein an der komplizierten Situation in Syrien. 2014 wurden in der kanadischen Immigrationsbehörde viele Stellen abgebaut, das machte 2015 niemand rückgängig. Gleichzeitig steigt die Zahl von Flüchtlingen aus den USA, seit Trump regiert, unter ihnen Immigranten, die Angst vor Abschiebung haben. Die kanadische Regierung lässt verlauten, dass syrischen Flüchtlingen schnell und unproblematisch geholfen wird, ins Land zu kommen – wir erleben genau das Gegenteil. Zumindest bei dieser Familie. Eine andere hat mehr Glück. Im Herbst 2016 übernahmen wir eine weitere Patenschaft: für eine junge syrische Witwe mit zwei Töchtern und ihren Bruder. Gerade erreichte uns die Nachricht, dass wir sie am 29. Mai willkommen heißen können.