Christine Beutler-Lotz
Wieso brauchen Schausteller eigene Pfarrer?
Da sie immer unterwegs sind, sind wöchentliche Veranstaltungen in der Ortsgemeinde in den Rhythmus der Schausteller schwer zu integrieren. Das ist wie bei Vereinen: Wenn Sie zehn Mal fehlen und dann wiederkommen, werden Sie erst mal hören: „Ja wie, jetzt kommste wieder!“ Sie haben in der Zwischenzeit viel versäumt.
Also hat Verbindlichkeit einen großen Wert?
Ja. Schausteller sind konstant und konservativ. Im positiven Sinne. Werte sind für sie wichtig, weil sie Kontinuität und Halt geben können.
Wie ist das Leben im Wohnwagen?
Die Wände sind sehr dünn. Man bekommt alles mit, auch das, was man vom Nachbarn nicht wissen möchte. Die soziale Kontrolle ist riesig. Deshalb werden Probleme intensiver besprochen. Das muss sein, andere Jugendliche können zu Hause die Tür zuschlagen und in ihr Zimmer gehen, das geht im Wohnwagen nicht. Man kann nur rausgehen und frische Luft schnappen.
Haben Schausteller Nachwuchsprobleme?
Nein. Durch den engen Familienkontakt verläuft die Übergabe der Geschäfte in jüngere Hände sozusagen automatisch. Schaustellerkinder sagen oft, dies sei ihr Traumberuf, weil er so vielseitig sei. Mangel gibt es eher bei Mitarbeitern, die für die Aufbauten zuständig sind – da immer weniger Menschen mit den Schaustellern reisen möchten.
Wie frei und flexibel ist man wirklich?
Jeder Schausteller wird sagen, die Wahlfreiheit „Ich könnte auch nicht hinfahren“ treibe ihn an. Aber natürlich geht das nicht, der Geldbeutel lässt das nicht zu.