Gordon Welters
Mit Kickboxen auf den rechten Weg
Als laut und unerzogen gelten viele Jugendliche aus armen Verhältnissen. Es sei denn, man packt sie richtig an
Tim Wegener
Ines John
20.03.2017

Michaela Schubert, Gründerin von "Boxt euch durch München":

Ich habe fünf Jahre an einer Schule gearbeitet und später in einem Kinderheim. Oft habe ich erlebt, dass die Jugendlichen gelangweilt, aggressiv und unausgeglichen waren. Ich habe mich gefragt: Wie bringt man sie dazu, ihre Hausaufgaben zu machen, zu lernen und nicht abzuhauen oder auf der Straße rumzuhängen? Als mich ein paar Jugendliche fragten, ob sie in der Turnhalle boxen dürfen, kam mir eine Idee. Meine Tochter boxt auch, also dachte ich: Wenn sie so lernen, miteinander umzugehen, dann ist das vielleicht der richtige Weg. Zum Glück ging mein Konzept auf.

Bei Boxt euch durch München betreuen wir unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und Jugendliche aus armen Familien und schwierigen Verhältnissen. In München sind das 21 000 Kinder. Die will keiner haben, weil sie angeblich laut und unerzogen sind, aber wenn man sie richtig kennenlernt, merkt man, dass sie nur Liebe und Respekt brauchen. Bei uns zählt das Miteinander.

Das Projekt läuft seit März 2015. Momentan betreuen wir 15 Angemeldete. Wir schultern das komplett ehrenamtlich und leben nur von Spenden. Vor­mittags und am Wochenende arbeite ich als ­Altenpflegerin, mittags koche ich für die Jugendlichen. Von 14 bis 15 Uhr helfen sie sich bei den Hausaufgaben, und im Anschluss gibt meine Tochter Boxtraining.

Das Kickboxen ist ein Mag­net. Da lernen die Jugendlichen, mit ihrem Körper umzugehen. Außer­dem bekommen sie Regeln mit: Was darf ich und was nicht? Nach den ersten Erfolgen in der Schule verliert das Boxen oft sogar seinen Reiz. Gute ­Noten motivieren sie viel mehr. Sie be­ginnen Praktika und Ausbildungen. Einige unserer Jugendlichen ohne Schulabschluss konnten wir in Ausbildungen vermitteln, weil sie im Praktikum so gut waren.

Protokoll: Michael Güthlein