Vor immensen Herausforderungen
Der Waffenstillstand ist ein Erfolg. Nun muss der soziale Ausgleich folgen
Foto: Privat
20.07.2016

In Kolumbien ist der Frieden zum Greifen nahe. Über drei Jahre zogen sich die zähen Gespräche hin, ehe sich die Regierung und die Farc-Guerilla Ende Juni auf einen umfassenden Waffen­stillstand einigten. Es ist ein außergewöhnlicher Erfolg für das Land, das seit über 50 Jahren unter einem Krieg zwischen mehreren Guerillagruppen, rechten Paramilitärs und der ­Armee leidet. Die Bilanz: Tausende Tote und Millionen Ver­triebene. Mehrere Friedensprozesse waren gescheitert, weil es an gegenseitigem Vertrauen mangelte. Der Konflikt, der als Aufstand für soziale Gerechtigkeit entbrannte, war zu einem Selbstläufer mutiert. Keine Seite konnte militärisch gewinnen.

Es ist dem konservativen Präsidenten Juan Manuel Santos zu verdanken, dass der Teufelskreis der Gewalt durchbrochen wurde. Anders als seine Vorgänger und trotz heftigen Widerstands im politischen Establishment und im Militär hielt er an seinem Friedensplan fest. Auch die Farc, die militärisch geschwächt ist und kaum noch Unterstützung in der Bevölkerung hat, ergriff die Chance für einen Wechsel. Ihre Hoffnung ist, in Zukunft ohne Waffen für ihre politischen Ideen kämpfen zu können. Noch sind nicht alle Hürden überwunden, und ­beide Seiten werden noch weitere Kompromisse eingehen, die sie gegenüber ihren Kritikern verteidigen müssen. Doch der Friedensprozess ist nach mehreren Teilabkommen sehr weit fortgeschritten. Zumal es gelang, einen Konsens über die juristische Aufarbeitung der Verbrechen zu erzielen, die beide Seiten begangen haben. Das ist wichtig für die Versöhnung.

Kolumbien steht vor immensen Herausforderungen: Da sind zum einen die Friedensgegner, allen voran der Ex­präsident Álvaro Uribe, der den Dialog als „Entgegenkommen an Terroristen“ geißelt. Sein Einfluss ist groß, er wird die erhoffte Versöhnung torpedieren. Ebenso wie kleinere linke Guerillagruppen und die Reste von rechten paramilitärischen Gruppen, die nicht bereit sind, auf das lukrative Kriegs­geschäft oder den Drogenhandel zu verzichten. Und die ­Ursachen des Krieges – die soziale Ungerechtigkeit und die Landkonzentration – sind noch nicht behoben. Zu hoffen ist, dass der Waffenstillstand die Kräfte freisetzen wird, sich nun erfolgreich für sozialen Frieden einzusetzen.

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