Viele Flüchtlinge haben die Sorge, ihrer neuen Heimat zur Last zu fallen, wenn sie Sozialleistungen beziehen. Arbeit ist enorm wichtig, damit sie bei uns ankommen. Wer arbeitet, lernt Menschen kennen. Arbeit ist der beste Deutschkurs. Wer arbeitet, fühlt sich gebraucht. Das ist gut fürs Selbstwertgefühl.
Aber: Im Dezember 2015 waren bei uns 25 000 Syrer neu arbeitslos gemeldet im Vergleich zum Jahr zuvor, während die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Syrer in Deutschland in derselben Zeit nur um 4500 Syrer gestiegen ist. Auf jeden zusätzlich arbeitenden Syrer kamen Ende vergangenen Jahres vier Landsleute, die arbeitslos waren.
###autor###Die Bundesagentur für Arbeit listet viele unbesetzte Stellen auf. Ich höre oft die Frage, ob nicht Flüchtlinge diese Arbeit machen können. So einfach ist es leider nicht. Nach allem, was wir wissen, kommen für die meisten Neubürger nur einfache Jobs in Frage. Aber die verlieren schon seit Jahren an Bedeutung. Auf eine Stelle für Geringqualifizierte kommen 14 Arbeitslose, die keine Ausbildung haben. Wir hatten schon vor der Flüchtlingskrise viele Langzeitarbeitslose, denen kein Wirtschaftsaufschwung geholfen hat. Bei den Ausbildungsplätzen ist es ähnlich. Oft gibt es nicht genügend Bewerber, aber die Schulqualifikation der meisten jungen Flüchtlinge ist leider mit unserer nicht vergleichbar. Am ehesten ist es bei den Syrern mit ihrer neunjährigen Schulpflicht so.
In Afghanistan und im Irak müssen die Menschen nur sechs Jahre zur Schule gehen – bei uns sind es zehn Jahre.
Wir müssen also so schnell wie möglich sehr viele Sprachkurse anbieten. Es ist merkwürdig, dass die Politik eine Integrationspflicht fordert, ohne genug Ressourcen für Sprachkurse bereitzustellen. Und wir müssen schneller über die Qualifikation der einzelnen Flüchtlinge Bescheid wissen. Nicht erst dann, wenn sie anerkannt sind und zu den Jobcentern gehen. Das ist zu spät, das kostet viel Zeit, die wir nicht haben. Wir müssen sie schon im Asylverfahren danach fragen. Damit wir früh sehen, welche Weiterbildungen Flüchtlinge brauchen.
Wer erstmal eine Zeit lang nicht arbeitet, verliert an Selbstvertrauen und gibt sich auf. Viele Leute rechnen nun vor, dass nach fünf Jahren 50 Prozent der Geflüchteten in den Arbeitsmarkt integriert sind. Aber was bringt das? Fünf Jahre sind viel zu lang!
Am besten gleichzeitig Deutsch lernen und arbeiten
Eine Fremdsprache lernt man am besten durch deren Anwendung, also übendes Sprechen in Alltagssituationen. Und Arbeit ist der beste Deutschkurs. So steht es in den Beiträgen von Dagmar Gdanitz und Karl Brenke.
Die Pointe: Genau das tun andere Länder, bspw. Dänemark.
Sie verbinden beides und führen Sprachkurse und – verbindliche- Arbeitsgelegenheiten (Praktikum/ Hospitanz) parallel und ganz früh beginnend durch. Und sie sind damit erfolgreich.
Die Vorteile:
Flüchtlinge üben in der Arbeitssituation das bereits im Sprachkurs gelernte durch aktives Sprechen. Zudem lernen sie bei der Arbeit im Gespräch mit ihren Kollegen, die Alltagssprache durch Hören, Verstehen, Antworten und eigenes Sprechen, Fehlerkorrektur und Wiederholung. So verfestigen und vertiefen sie ihre Sprachkenntnisse. Des weiteren Leisten sie etwas, helfen, arbeiten, erfahren dafür Anerkennung. Und der Kontakt mit Einheimischen baut wechselseitige Vorbehalte ab.
Und evt. Ergeben sich Ausbildung oder reguläre Beschäftigung, Weiterbildung etc.
Die „deutsche Methode“ – lange Wartezeit, dann ausschließlich langer Sprachkurs und ansonsten Nichtstun, dann erst Arbeitsgelegenheit – ist kontraproduktiv und uneffektiv.
Andere Länder machen es besser. Wir sollten es ihnen gleichtun.
Michael Meinsen
Hannnover
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können
hi michael,
hi michael,
ich finde diesen Ansatz sehr interessant und er gefällt mir ganz gut.
Mich würde eine Sache daran interesieren.
Wie bringt Dänemark die Arbeitgeber dazu Menschen einzustellen, die nicht die Landssprache können?
prost,
Daniel
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können