Sind die alten Gesangbuchlieder gut und die modernen neuen Lieder nicht ernstzunehmen? Oder umgekehrt: Sind die modernen Lieder cool und fetzig und die alten verstaubt, weil kein Mensch sie mehr versteht. Fritz Baltruweit lehnt solches Entweder-Oder ab. Einige der neuen Lieder hat der evangelische Theologe und Liedermacher selbst geschrieben. Sein "Gott gab uns Atem, damit wir leben" steht im evangelischen Gesangbuch und im neuen Gotteslob der Katholischen Kirche. "Es kommt darauf an, was die Menschen berührt, und nicht, ob ein Lied modern oder alt ist. Die Musik muss nah am Leben der Menschen sein." Geistliche Volkslieder zu finden, das habe er sich in letzter Zeit vorgenommen, erzählt Fritz Baltruweit.
Der Massenchor
Der Dom St. Eberhard in Stuttgart ist auf dieser Veranstaltung des Deutschen Evangelischen Kirchentages bis auf den letzten Platz gefüllt. Baltruweit stellt das Ergebnis seiner Suche nach geistlichen Volksliedern vor. Der Knabenchor collegium iuvenum unter der Leitung von Michael Culo und die Mädchenkantorei Domkirche St. Eberhard unter der Leitung von Martin Eberhard unterstützen ihn, ebenso die Studiogruppe Baltruweit - und natürlich das Publikum. Baltruweit begrüßt es als "Mass-Choir". Und der lässt ihn nicht im Stich. Laut eschallen "Nun freut euch, lieben Christen g'mein", "O Du Fröhliche" und "Von guten Mächten wunderbar geborgen." Lieder aus der Reformation bis ins zwanzigste Jahrhundert.
"Am besten gefallen hat mir, als wir 'Von guten Mächten wunderbar geborgen' gesungen haben", sagt Chorknabe Vincent Frisch vom collegium iuvenum. "Das habe ich oft als Pfadfinder am Lagerfeuer gesungen".
Liebeslied im Gesangbuch
Der Begriff Volkslied komme vom englischen "popular song", sagt Fritz Baltruweit. Oft wisse man nicht mehr, wer der Komponist sei. So habe Luther für den Choral "Nun freut euch lieben Christen g'mein" die Meldie eines Liebesliedes verwendet. Das sei so, als würden wir heute ein neues geistliches Lied auf die Melodie vom Beatles Hit "Let it be" schreiben. "Ein Volkslied ist einfach ein Lied, das beim Volk beliebt ist", fasst Baltruweit zusammen.
"Danke", ruft eine Konzertbesucherin aus den vorderen Bankreihen, als der letzte Ton verklungen ist. Standing Ovations für Chöre und Musiker.