Erika Hoffmann: Ich lebe in Eschwege, das ist eine hessische Stadt, die vor der friedlichen Revolution genau an der innerdeutschen Grenze lag. Am 1. Mai 1989 fuhren mein Mann und ich im Auto in die DDR. Wir hatten eine Genehmigung, „kleiner Grenzverkehr“ nannte sich das. Nach Suhl und Hildburghausen durften wir, aber nicht nach Masserberg zur Werra-Quelle. Aber da wollten wir hin. Was, wenn ein Volkspolizist kommt und unsere Papiere sehen will? Mein Mann hatte in eine Mineralwasserflasche frisches Werra-Quellwasser laufen lassen, einfach so. Er sagte: „Wenn einer kommt, sagen wir, wir hätten Taufwasser für unseren ersten Enkel geholt.“ Dabei waren unsere Söhne noch gar nicht verheiratet! Zum Glück kam keine Kontrolle.
Die Flasche stellte ich in den Keller; da stand sie auch, als im November 1989 die Grenze fiel. Und auch noch, als mein Mann 2002 gestorben ist. Im Mai 2009 wurden vier meiner Enkel getauft, das Werra-Wasser war nach 20 Jahren noch klar und frisch, wie just aus der Quelle. Leider lebt der Opa nicht mehr, aber durch das Wasser war er doch bei der Taufe dabei. Ich bin sicher: Er hat im Himmel seine Freude an seinen Enkeln – und an der Geschichte mit dem Taufwasser!