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Eine Sommernacht in der polnischen Hauptstadt – so heiter und voller Menschenfröhlichkeit, wie man es nur aus Italienträumen kennt – durch die Altstadt schlendern, so leicht – sich bewusst machen, dass hier gar nichts alt ist – fast die gesamte Stadt hatten die Deutschen in den letzten Kriegsmonaten vernichtet – unter größten Mühen, aus bitterster Armut heraus haben die Menschen ihre Stadt wiederaufgebaut – Stein auf Stein, Haus für Haus – ein Zeichen dafür, wie schnell man etwas zerstören kann und wie lange es dauert, etwas aufzubauen.
Das ist eine historische Lehre, die gegenwärtig eine erschreckende Aktualität gewonnen hat. Aber ein kleiner Trost liegt in ihr verborgen. Der verehrungswürdige polnische Dichter Adam Zagajewski hat ihn in seinem Buch – nicht über Warschau, aber – über Krakau so ausgesprochen:
„Das Gute existiert! Nicht nur das Böse, der Teufel und die Dummheit. Das Böse ist dynamischer, es vermag ungeheuer schnell zu agieren, dem Blitzkrieg gleich, das Gute hingegen ist seltsam und zögerlich. In vielen Fällen verursacht diese fatale Disproportion nicht wiedergutzumachende Schäden. Aber das Gute kehrt zurück, zwar ohne Eile, gelassen wie die phlegmatischen pfeiferauchenden Gentleman-Detektive in den alten Krimis, die erst einen Tag nach dem Verbrechen am Tatort erscheinen. Es handelt langsam, als verfüge es über kein neuzeitliches Gefährt, kein Auto, kein Flugzeug, keine Rakete, ja nicht einmal über ein Fahrrad – aber es kehrt zurück, gemächlich wie ein Pilger, unausweichlich wie der anbrechende Morgen.“