Foto: Dorothee Hoerstgen
Rente mit 70?
Ein Pfarrer wollte gar nicht in den ­Ruhestand. Er musste aber. Schade
Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
20.08.2015

Neulich erreichte ein Brief die chrismon-Redaktion. Ein Pfarrer klagte, dass seine Landeskirche ihn in den Ruhestand versetzt hatte – obwohl er noch gar nicht wollte. Martin Hagenmaier war über zwei Jahrzehnte Gefängnisseelsorger, ein studierter Kriminologe und promovierter Theologe, der sich erfolgreich für den Täter-Opfer-Ausgleich engagiert und die Nordkon­ferenz der Gefängnisseelsorge geleitet hat. Eine Verlängerung seines Dienstes auf eigenen Wunsch um bis zu drei Jahre ­wäre laut Pfarrerdienstgesetz möglich gewesen. Aber die Landeskirche erkannte das dienstliche Interesse nicht an, eine Voraus­setzung, die auch erfüllt sein muss. Seine Stelle wurde nach seinem Weggang um 50 Prozent reduziert.

Da will einer länger arbeiten, als er muss. Ein Einzelfall? Keineswegs, sagt Hagenmaier. Er selbst habe vor seiner ­Pensionierung zwei Kollegen verabschiedet, die auch gerne weitergemacht hätten. Auch sonst erlebe er bei Pensionären und Rentnern viel Unverständnis über die starre Altersgrenze.

Fakt ist: Die Altersgrenze ist seit einigen Jahren gar nicht mehr starr. Angestellte, die nach Absprache mit ihrem Arbeitgeber keinen Rentenantrag stellen, können sogar bis weit über 65 hinaus arbeiten, sie bekommen danach eine höhere Rente. Landes- und Bundesbeamte erhalten einen Zuschlag auf ihr Gehalt, wenn sie verlängern – allerdings nur, wenn ihnen aufgrund ihrer Dienstzeit der Höchstsatz beim Ruhegehalt zusteht. Wenn nicht, werden die zusätzlichen Dienstjahre auf die Pension angerechnet. Beides macht die Verlängerung lukrativ.

Doch viele Arbeitnehmer und -geber scheinen sich über dieses rechtliche Instrument noch gar nicht im Klaren zu sein, auch kirchliche Personalreferenten nicht. Spätestens 2020 könnte es aber für die Kirchen überlebenswichtig werden. Denn dann rollt eine Pensionierungswelle auf sie zu, während es gleichzeitig an Nachwuchs fehlt.

Alte Pfarrer sind nicht die schlechteren Pfarrer, im Gegenteil. Sie haben Lebenserfahrung. Und wenn dann noch einer wie Martin Hagenmaier weitermachen will, dann ist das doch ein Geschenk. Oder?

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